Eine Dokumentation auf NDR hat mich sehr berührt neulich: Die Verwandlung, von Michael Harder. Nackte Schauspieler/innen-Gesichter, hart ausgeleuchtet, erzählen von ihren Träumen, davon, wie sich ihr Leben entwickelt hat, von ihrer Passion, Schau-zu-spielen.
Der Filmemacher hält sich sehr zurück, die Interviews sind so zusammen geschnitten, dass es mir war, als spricht ein einziges Schauspieler-Wesen mit vielen unterschiedlichen Köpfen und Emotionen. Und die sind wirklich zu sehen, zu spüren, die Regungen, die Verklemmungen, die gespielte Coolness, die junge frische Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit, die Enttäuschungen, die Versäumnisse, die Abhängigkeiten, die Kaputtheit ....
Ich weiss nicht, wem ich dankbar sein darf... allen meinen guten Geistern auf alle Fälle... dass ich nach so vielen großen Rollen auf großen Bühnen immer wieder gespürt habe, dass es das allein nicht sein kann... Dass das Sich-Verwandeln, das ich mir von Kind an gewünscht habe, auch anders gehen muss... jenseits von Dramen, von Abhängigkeit, vom Sich-Zerfleischen für eine Rolle....
Das, was sich Spielen nennt, schau-spielen, so tun als ob, was Kindliches im Grunde, etwas, was wir als Kinder alle können, um uns auszuprobieren, um das Leben zu lernen, ist im Beruf, wenn man ihn ernst nimmt - sonst brauchen wir gar nicht drüber reden - verbunden mit so vielen Ängsten, so viel Selbstaufgabe auch, dass der Beruf des Schauspielers eigentlich ungesund ist. Das, was befreiend sein soll, das Spielen, wird über Wochen zu schwerer Arbeit.
Im besten Fall sind Probenarbeiten - ich spreche vom Theater - Häutungen: die Person des Schauspielers und die Person der Rolle verschmelzen, jede lässt ihre persönliche und ihre geschriebene Haut fallen, etwas Neues entsteht, was nicht ganz Krista Posch ist und nicht ganz Shakespeares PhantasieFigur, sondern ein eigenständiges Wesen, das Abend für Abend die Zuschauer beglückt, berührt, erfreut, lehrt, verwandelt ... und durch die Geschichte des Stücks fliegt. Im besten Fall ist das so. Im besten Fall war das für mich oft so. Oft auch nicht.
Zu viele Kämpfe mit Regisseuren, die den Menschen hinter der Rolle nicht gesehen haben, nicht sein Wesen erkannt haben, ihm die Freiheit nicht gelassen haben für seine Häutung. .... Ich sehe mich da als Beispiel für viele andere.
Ich weiss nicht, wem ich also dankbar sein darf... allen meinen guten Geistern wahrscheinlich, die mich so geführt haben, dass ich im richtigen Moment Begegnungen hatte, Situationen erlebte, Eingebungen hatte, die mir neue Möglichkeiten der Verwandlung aufzeigten... sanft, leicht, ohne Verkleidung... Eigene Bühnen-Programme schreiben, Texte erfinden, Melodien...
Transformation. Schritte machen, neue Perspektiven einnehmen, das Altgewohnte hinter sich lassen, das Altgewohnte neu sehen.
Kommentar schreiben